VW Skandal

VW Skandal

Auf Grund der immer wieder gleich lautenden Anfragen zum Thema hier eine kurze rechtliche Erläuterung und Handlungsempfehlung:

Möchte man Ansprüche wegen des Kaufs eines VW-Modells mit Manipulationssoftware geltend machen, kommen zunächst so genannte Sachmängelrechte in Betracht. Beim Kauf eines Fahrzeugs ist zu unterscheiden zwischen dem Kauf eines Gebrauchtwagens oder eines Neuwagens.

Daneben kommen Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen den Hersteller in Betracht.

Sachmangel - ja oder nein?
Für beide Fälle muss zunächst geklärt werden, ob die Software im Fahrzeug verbaut wurde und ob sie auch tatsächlich ihren Dienst getan hat. Steht dies fest, kommt ein Anspruch auf Nacherfüllung, Minderung oder gar Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht. Hat man als Privatperson ein Fahrzeug vom Händler mit einem solchen Sachmangel erworben, gilt eine zweijährige Sachmängelhaftungsfrist für Neufahrzeuge und eine einjährige Sachmängelhaftungsfrist für Gebrauchtfahrzeuge. Die Frist beginnt ab Übergabe des Fahrzeugs zu laufen.

arglistige Täuschung / Betrug
Ansprüche gegen den Händler
Neben den so genannten Sachmängelrecht kommt prinzipiell ein Anspruch wegen arglistiger Täuschung oder Betrugs in Betracht. Dann muss aber der Nachweis geführt werden, dass der Händler, bei dem gekauft wurde, von der Manipulation Kenntnis hatte. Dies wird in der Regel nicht gelingen.

Ansprüche gegen den Hertseller (VW)
Es stehen jedoch Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller im Raum. Diese sind insbesondere für Besitzer älterer Fahrzeuge interessant, da hier regelmäßig die oben genannte Frist (1 Jahr oder 2 Jahre) abgelaufen sein dürfte. Dann können Schadenspositionen wie z.B. die Kosten der Fehlerbeseitigung oder nachgewiesene Mehrkosten durch einen Kraftstoffmehrverbrauch gegen den Hersteller geltend gemacht werden.

Rücktritt vom Kaufvertrag?
Zunächst ist als Käufer innerhalb der oben genannten Frist die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung zu verlangen. Prinzipiell denkbar ist auch die Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung. Diese dürfte aber wegen der so genannten Unverhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommen, so dass der Verkäufer zunächst aufzufordern wäre, den Mangel zu beseitigen. Die Mangelbeseitigung wird voraussichtlich zeitnah, spätestens ab Januar 2016 erfolgen. Gelingt die Mangelbeseitigung einwandfrei und hinterlässt diese keinen rechtlichen Schaden, ist die Angelegenheit erledigt.

Gelingt die Nachbesserung durch VW nicht, kommt prinzipiell eine Kaufpreisminderung oder sogar der Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht. Für einen Rücktritt vom Kaufvertrag bedarf es allerdings eines "erheblichen" Mangels. Ob die hier im Raum stehende Beeinträchtigung tatsächlich im rechtlichen Sinne "erheblich" ist, ist eher fraglich. Wir gehen zurzeit davon aus, dass ein Rücktritt vom Kaufvertrag bei den allermeisten Fahrzeugen keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Seriös kann man dies aber zurzeit nach unserer Auffassung nicht beantworten.

Frist abgelaufen - was jetzt?
Ist die Frist zur Geltendmachung der Sachmängelgewährleistungsansprüche bereits abgelaufen (Neuwagen = zwei Jahre, Gebrauchtwagen = ein Jahr) können nur noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu dem Punkt „Ansprüche gegen den Hersteller " werden. Weitere rechtliche Möglichkeiten bestehen dann nicht mehr.

Fristablauf droht
In dem Falle, in dem der Fristablauf bei Ihnen droht, sollten Sie mit dem Händler eine Vereinbarung dahin gehend treffen, dass dieser sich bereit erklärt, auf die Einrede der Verjährung bezüglich des aus der Manipulation resultierenden Mangels zu verzichten und der Verbraucher im Gegenzug keine weiteren rechtlichen Schritte unternimmt, bis die vom Hersteller angekündigten Maßnahmen vorgenommen
wurden. Der ADAC hat hierzu ein Musterschreiben entworfen welche Sie dort abrufen und dem Händler zur Unterzeichnung vorlegen können.

Droht kein Fristablauf, braucht zunächst nichts unternommen werden!

Minderung
Kommt ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht in Betracht und möchte man eine Minderung geltend machen, müssten die Kosten der Fehlerbeseitigung und ein eventueller Wertverlust des Fahrzeugs berechnet werden. In welcher Höhe eine Minderung angemessen sein dürfte, kann noch nicht abgeschätzt werden. Denknotwendigerweise fällt die Minderung umso geringer aus, desto mehr Fahrzeuge betroffen sind.

Abnahme eines bestellten Neufahrzeugs
Ein bestelltes Neufahrzeug sollten Sie unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Sachmängelrecht bzw. erhöhter Abgas-oder Verbrauchswerte abnehmen. Eine entsprechende Formular hierfür stellt auch der ADAC zur Verfügung.

Leasing
Zur Kündigung des Leasingvertrages reicht der Umstand der verbauten Manipulationssoftware nicht. Auch die Minderung der Leasingrate ist auf Grund der rechtlichen Konstellation im Leasingvertrag nicht möglich. Auch der Leasingnehmer muss zunächst seine Sachmängelansprüche geltend machen und kann dann, wenn die Nacherfüllung scheitern sollte, weitere Rechte geltend machen. Verbleibt ein erheblicher Mangel, kommt ein Rücktritt in Betracht (eher fraglich). Daneben bestehen auch beim Leasingnehmer die oben erwähnten Ansprüche gegen den Hertseller.

Weitere Punkte:
Auswirkungen auf die Kfz-Steuer oder die Betriebserlaubnis sind nicht zu erwarten. Auf Grund der Gesetzeslage ist auch nicht zu erwarten, dass eine bereits zugeteilte Plakette für Umweltzonen ihre Gültigleit verliert.

VW Skandal II - Update vom 05. November 2015

Aufgrund der neuen Ereignisse die der Tagespresse in den letzten Tagen zu entnehmen waren, kommt hier ein Update zu den immer wiederkehrenden Rechtsfragen im Hinblick auf die jetzt bekannt gewordenen Fälle. Auch gibt es weitere Neuerungen zu den mittels Software manipulierten Fahrzeuge.

Zunächst zu der bisherigen rechtlichen Einschätzung:
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat zur Rechtslage ein Gutachten veröffentlicht. Das Gutachten bestätigt die im Vorfeld hier mitgeteilte Rechtspositionen vollumfänglich.

Die VW AG hat ferner erklärt, einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis Ende 2016 auf Wunsch abzugeben.

Neu ist nun, dass bei ca. 800.000 Fahrzeugen im Rahmen der so genannten Typengenehmigung fehlerhafte Angaben zu Schadstoff- und Verbrauchswerten gemacht worden sein sollen.
Erstmals sollen auch benzinbetriebene Fahrzeuge betroffen sein.

In den neuen Fällen handelt es sich um falsche CO2-Werte. Hier wurde nicht durch eine Software ein Ergebnis verfälscht, sondern es wurden falsche Verbrauchs- und Schadstoffwerte angegeben. Bisher nicht geklärt ist, wie es passieren konnte, dass falsche Werte an das Kraftfahrtbundesamt übermittelt worden. Im Rahmen des Typengenehmigungsverfahrens werden die Herstellerangaben von den zuständigen technischen Diensten überprüft, ermittelt und dann das Bundesamt weitergegeben.

Ist hiervon ein Fahrzeug betroffen, ist eine Nachbesserung durch den Hersteller oder den Verkäufer nach bisherigen Kenntnisstand nicht möglich. Es stellt sich mithin die Frage nach Schadensersatzansprüchen, Kaufpreisminderung oder sogar einem Rücktritt.

Die Verbrauchsangaben eines Kraftfahrzeugs stellen eine so genannte Beschaffenheitsvereinbarung dar. Abweichungen hiervon stellen einen Mangel dar. Aus erhöhten CO2-Angaben kann direkt ein Mehrverbrauch eines Kraftfahrzeugs ermittelt werden. Ist die Höhe der Abweichung bekannt stellt sich die Frage, ob es sich um einen so genannten "erheblichen Mangel" handelt, der dann zum Rücktritt berechtigt. Gesichert ist in der Rechtsprechung, dass ein Kraftstoffmehrverbrauch und mehr als 10 % einen "erheblichen Mangel" darstellt. Möglich ist auch, dass Gerichte allein wegen des Unrechtsgehalts des Manipulationstatbestandes oder den fehlerhaften Angaben zu Schadstoff- und Verbrauchswerten per se einen "erheblichen Mangel" annehmen.

Sollte sich bestätigen, dass der Hersteller falsche Immissionsangaben gemacht hat, kommen Schadensersatzansprüche gegen diesen in Betracht. Sollte der Verstoß auch zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile begangen oder zur Schädigung einer Vielzahl von Verbrauchern zumindest billigend in Kauf genommen worden sein, käme hier § 826 BGB in Betracht.

Steuernachzahlungen stehen bei erhöhten CO2-Werten als Schadensersatzposition auch rückwirkend im Raum. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO gilt hier eine Verjährung von vier Jahren. Zuvor dürfte aber eine Änderung des Punktes V.7 der Zulassungsbescheinigung Teil I wegen §§ 2, 9 KraftStG erforderlich sein, bevor eine Nachzahlung verlangt werden kann.
Zurzeit wird wohl an einer Gesetzgebung gearbeitet, die diese Steuernachzahlungspflicht auf den Hersteller verlagert, so dass der Verbraucher nicht belastet werden würde.

Zurück zu den der softwaremanipulierten Kraftfahrzeugen. Der Hersteller arbeitet zurzeit an einer Lösung die dafür Sorge tragen soll, dass nach durchgeführter Nachbesserung das Fahrzeug den technischen Vorgaben entsprechend arbeitet, keinen Leistungsverlust und auch keinen Mehrverbrauch aufweist. Viele Fälle könnten sich dann durch die Nachbesserung erledigen.