MPU und Eignungsüberprüfung
Bei der MPU, die im Volksmund auch „Idiotentest“ genannt wird, handelt es sich um die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), die von der Straßenverkehrsbehörde bei Vorliegen bestimmter, im folgenden zu erörternder Voraussetzungen angeordnet werden kann bzw. angeordnet werden muss, um die Eignung und Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs bezüglich eines Antragstellers/Fahrerlaubnisinhabers zu überprüfen.
Die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs
§ 2 I 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) besagt, dass wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, einer Erlaubnis der Fahrerlaubnisbehörde bedarf. Nach § 2 IV StVG ist geeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.
Damit umfasst der Begriff der Eignung
- die körperliche und geistige Eignung
- die charakterliche Eignung
- die bedingte Eignung
Die Konkretisierung der Eignung erfolgt durch die §§ 11 bis 14 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) sowie die Anlagen 4, 5, 6, 14, 15 zur FeV.
„Eignung“ ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff, das heißt der Begriff muss weiter präzisiert werden. Dies geschieht durch Gesetz, Verordnung, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, Begutachtungsleitlinien zur Fahreignung, Rechtsprechung und Literatur.
Grundsätzlich lässt sich sagen:
Die körperliche Eignung ist ausgeschlossen, wenn körperliche Mängel vorliegen, die weder technisch noch medikamentös oder psychologisch kompensierbar sind (z. B. Querschnittslähmung im Halswirbelbereich, schwere Fälle von Bluthochdruck).
Die geistige Eignung kann beeinträchtigt sein, z. B. bei einer Herabsetzung der intellektuellen, psychisch-funktionalen und/oder psychophysischen Leistungsfähigkeit, die sich auf die Verkehrsteilnahme unmittelbar auswirkt oder bei der eine negative Auswirkung naheliegend ist.
Der Begriff „charakterliche Eignung“ ist weit zu verstehen. Es fallen darunter Persönlichkeitsmerkmale (z.B. zuverlässige Selbstbeobachtung, Selbstkontrolle, vorausschauende Planfähigkeit, emotionale Stabilität, erhöhte situative Beeinflussbarkeit, Aggressivität), aber auch Einstellungen und Verhaltensweisen, die das Verhalten im Straßenverkehr bestimmen können.
Bei der Anwendung und Auslegung des Begriffs Eignung wird der Verwaltung kein Beurteilungsspielraum eingeräumt, d.h. eine diesbezügliche Verwaltungsentscheidung ist gerichtlich vollumfänglich überprüfbar.
Bei der Beurteilung der Eignung eines Kraftfahrers geht es im Wesentlichen darum, dass das Straßenverkehrsrecht als Teil des Gefahrenabwehrrechts (dazu BVerwG As 1999, 403 = DAR 1998, 362, 364) all diejenigen Kraftfahrer von der Gemeinschaft der Straßenverkehrsteilnehmer ausschließen muss, die durch ihre Teilnahme am Straßenverkehr eine Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer darstellen.
Vor dem Hintergrund der auf dem Spiel stehenden Grundrechte der anderen Verkehrsteilnehmer(Art. 2 Abs. 2 S. 1GG schützt Leben und die körperliche Unversehrtheit) und mit Blick auf die durch die Verkehrseröffnung durch den Staat sich ergebende Garantenstellung, die staatliche Schutzpflicht, ist die Behörde verpflichtet, bei Kenntniserlangung verkehrsrelevanter Tatsachen im Wege der Sachverhaltsermittlung tätig zu werden und gegebenenfalls präventive Maßnahmen zu Gewährleistung der Verkehrssicherheit einzuleiten.
Die Behörde darf jedoch nicht aufgrund eines bloßen Verdachts präventive Maßnahmen einleiten, da dies ansonsten gegen Grundrechte des Führerscheininhabers bzw. des Antragstellers (Art. 2 II 1 GG) verstoßen würde.
Insoweit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Sicherungsmaßnahme, die dazu dient, die Allgemeinheit vor Gefährdungen durch ungeeignete Kraftfahrer zu bewahren.
In jedem einzelnen Fall ist letztendlich die Frage entscheidend, ob durch die Teilnahme des betroffenen Kraftfahrers am Straßenverkehr bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden an einem Schutzgut anderer (Leben, Gesundheit, Eigentum, Vermögen) eintreten wird (OVG d. Saarl. zfs 2001, 92).
Anknüpfungspunkte sind nur Tatsachen, die unter Zugrundelegung einer Wahrscheinlichkeitsprognose zu einem Schadenseintritt führen können. Steht am Ende dieser Prognose in überschaubarer Zukunft mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Eintritt eines Schadensereignisses, so liegt eine Gefahr für das Schutzgut vor. Dabei sind die Anforderungen an die Feststellung der „ Eintrittswahrscheinlichkeit" geringer, wenn besonders hochwertige Schutzgüter gefährdet werden.
Der Begriff der Kraftfahreignung im Entziehungsverfahren und im Wiedererteilungsverfahren ist derselbe (VGHBW zfs 1998, 447).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Eignung im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Eignung im Erteilungs-/Wiedererteilungsverfahren ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Hier sind also auch neue Tatsachen zu berücksichtigen.
Maßnahmen zur Eignungserforschung
Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen von Gefahrenerforschungseingriffen hat das BVerwG in zfs 2002, 47, 48 f (unter Hinweis auf BVerwG zfs 1997, 39) beschrieben. Auf diese Entscheidung des BVerwG verweist auch das BVerfG in seiner Cannabisentscheidung (zfs 2002, 454, 458).
Danach ist die Anforderung eines Gutachtens nur rechtmäßig, wenn
1.aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des betroffenen Kraftfahrers bestehen und
2.die angeordnete Überprüfung ein geeignetes und auch verhältnismäßiges Mittel ist, um gerade die konkret entstandenen Eignungszweifel aufzuklären (BVerfG zfs 1993,295-,2002,454; BVerwG zfs 2002, 47; VGH BW, Beschl. v. 16.6.2003- 10 S 430/03, zfs 2003, 524).
Vor diesem Hintergrund ist gleichgültig, ob der Kraftfahrer mit Alkohol, Drogen oder in sonstiger Weise auffällig geworden ist. Jeder einzelne Fall ist mit Blick auf die Schadenseintrittswahrscheinlichkeit zu untersuchen.
Im präventiven Bereich der Gefahrenabwehr, der das Fahrerlaubnisrecht zugeordnet wird, müssen nicht dieselben Maßstäbe gelten wie im repressiven Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fahrerlaubnisbehörde unabhängig von strafrechtlicher oder ordnungswidrigkeitsrechtlicher Ahndung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Eignung eines Kraftfahrers überprüft (VGH BW, zfs 1998,447).
MPU allgemein
§ 11 III Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gibt der Fahrerlaubnisbehörde die Möglichkeit, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom Betroffenen zu verlangen. Ein Ermessen der Behörde ist also unter anderem eröffnet bei
1. Erheblichen oder wiederholten Ordnungswidrigkeiten
2. Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
3. Straftaten, die im Zusammenhang mit der Fahreignung stehen bzw. die darauf hindeuten, dass der Betroffene über ein besonders hohes Aggressionspotential verfügt
§ 13 FeV regelt, wann ein medizinisch-psychologisches Gutachten von der Behörde angefordert werden muss. Die Vorschrift nimmt besonderen Bezug auf alkoholbedingte Auffälligkeiten. Liegen Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch vor, ist ein Gutachten zwingend anzufordern. Führt der Betroffene ein Fahrzeug bei einer Blutalkoholkonzentration, die 1,6 Promille erreicht oder übersteigt, ist ein Gutachten auch dann beizubringen, wenn zuvor niemals eine alkoholbedingte Auffälligkeit festgestellt werden konnte.
§ 14 FeV befasst sich mit der Einnahme von Betäubungsmitteln und gibt der Behörde die Möglichkeit, auch hier zur Überprüfung von Eignungszweifeln eine MPU anzuordnen.
Die Fahrerlaubnisbehörde kann sowohl gegenüber einem Führerscheinbewerber als auch gegenüber einem Führerscheininhaber unter den obigen Voraussetzungen eine MPU anordnen (vgl. § 22 und 46 FeV).
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt der Betroffene der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 VIII FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen und die Fahrerlaubnis nach § 3 I 1 StVG, § 46 I 1 FeV entziehen.
Die Entscheidung der Behörde, auf eine Nichteignung zu schließen, ist nicht isoliert angreifbar. Will sich ein Betroffener hiergegen beispielsweise mit dem Argument wehren, dass in seiner Person schon gar nicht die Voraussetzungen für die Anordnung einer MPU gegeben waren, muss er zunächst abwarten, bis ihm die Behörde die Fahrerlaubnis entzieht bzw. eine Erteilung derselben verweigert. Diese Handlung der Behörde ist dann als Verwaltungsakt mit der Anfechtungsklage bzw. der Verpflichtungsklage angreifbar.
Eignung und Alkohol
§§ 11, 13 FeV regeln die Einzelheiten zur Eignungsfeststellung im Zusammenhang mit Alkohol.
§ 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik):
Zu Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
1. ein ärztliches Gutachten (§ 13 Nr. 1 FeV.) beizubringen ist, wenn:
- Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen.
2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist (§ 13 Nr. 2 FeV), wenn:
- nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch-Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen (1. Alternative) oder
- sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen(2.Alternative),
- wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden,
- ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/I oder mehr geführt wurde,
- die Fahrerlaubnis aus einem der unter Buchstabe a bis c genannten Gründe entzogen war oder
- sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch nicht mehr besteht.
Alkoholmissbrauch liegt vor, wenn - ohne dass bereits Alkoholabhängigkeit vorliegt - das Führen von Kfz und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können (Anlage 4 zur FeV, Ziff. 8.1).
Neben der Frage des Alkoholkonsums ist hier also auch die Frage der Trennungsproblematik aufzuklären(OVG d. Saarl. zfs 2001, 92). Sicheres Trennen setzt dabei voraus, dass sich der Betroffene nach Alkoholkonsum und vor Fahrtantritt über die Grundsätze des Alkoholabbaus im Klaren ist und sich mit den Auswirkungen des Alkoholkonsums auf seine Fahreignung befasst.
Dabei kann die Tatsache, dass Alkohol in hoher Menge konsumiert werden kann (z.B. 2,16 Promille), ohne erhebliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu zeigen, den Verdacht eines erheblichen Alkoholmissbrauchs begründen und auf eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung hindeuten. Zu Recht kann in einem solchen Fall zur Klärung der Kraftfahreignung die Beibringung eines Gutachtens einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle angeordnet werden (VG des Saarlandes zfs 1994, 431 - unter Hinweis auf BVerwG NJW 1989, 116; bestätigt durch OVG d. Saarl. zfs 1995, 37).
Gleiches gilt, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalles mit dem Erreichen hoher BAK-Werte eine gewisse Dauer regelmäßigen Alkoholkonsums angenommen werden kann und damit eine missbräuchliche Gewöhnung an Alkohol besteht (VGH BW, Beschl. v. 17.11.2000 -10 S 1979/99, zfs 2000, 228, 229 =DOV 2000, 432 = DAR 2000, 181 = VRS 98, 399).
Fährt ein Kraftfahrer sein Fahrzeug mit einem BAK von 2,5 Promille und erkennen die Polizeibeamten nicht sofort den Zustand des Kraftfahrers, so ist die Annahme mangelnder Eignung hier ohne weiteres berechtigt, da die Umstände des Falles auf eine Alkoholgewöhnung in ungewöhnlichem Maße hinweisen.
Nach § 13 Nr. 2a Alt. 2 FeV ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.
Hierzu gehört der Fall, dass der Betroffene aufgrund Alkoholkonsums nicht in der Lage ist, sich sozial verantwortungsgerecht zu verhalten. Ein alkoholbedingt seinem Kind gegenüber gezeigtes wenig verantwortungsbewusstes Verhalten kann dabei ein wesentliches Indiz dafür sein, dass es auch fraglich ist, ob der Betroffene zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol in Bezug auf den Straßenverkehr in der Lage ist.
Ein medizinisch-psychologisches Gutachten ist beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, § 13 Nr. 2b FeV. Hierbei reichen bereits zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a I StVG (0,5-Promille-Regelung) aus.
Der nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz stehende Alkoholgenuss rechtfertigt die Anforderung eines Gutachtens nicht ohne weiteres (OVG NW zfs 1992, 430). Anders sah dies der VGH BW.
Mit Blick auf das Gefahrenpotential und einen greifbaren Gefahrenverdacht könne man bei erkannter Alkoholproblematik eines Fahrerlaubnisinhabers nicht „sehenden Auges" untätig bleiben und abwarten, bis Verdachtsmomente hinzutreten, die einen unmittelbaren Bezug zum Straßenverkehr aufweisen (VGH BW zfs 2002, 555, 556; Hans, Verkehrsverwaltungsrecht § 8Rn. 46 ff.).
Die Eignung nach Beendigung des Alkoholmissbrauchs erfordert den sicheren Hinweis auf eine Änderung des Trinkverhaltens, verbunden mit der Feststellung, dass der Betroffene nunmehr in der Lage ist, das Führen von Kfz und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher zu trennen (OVG d..Saarl, zfs 2003, 101,102).
Bei bestehender Alkoholabhängigkeit ist die Eignung zunächst zu verneinen und kann dann nach einer Entwöhnungsbehandlung wieder bestehen, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein JahrAbstinenz nachgewiesen ist (Anlage 4 zur FeV, Ziff. 8.4).
Eignung und Drogen
Nach § 14 I FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen an, dass ein ärztliches Gutachten(§ 11 II 3 FeV) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass
- Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
- Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
- missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt.
- Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat
- Die Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und
- weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.
- Nach § 14 II FeV ist die Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz I anzuordnen, wenn
1.die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz I genannten Gründe entzogen war oder - zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder - ohne abhängig zu sein -weiterhin die in Absatz I genannten Mittel oder Stoffe einnimmt
- wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.
Nach BVerwG (zfs 1997, 39 = NJW 1997, 269 = NZV 1996, 467) führt eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Haschischkonsum nicht gegen Art. 3 I GG. Die unterschiedliche rechtliche Behandlung des Konsums von Alkohol und anderen Betäubungsmitteln als Cannabis im Sinne von § 1 Abs. I BtMG im Hinblick auf die Fahreignung ist mit Art.3 Abs. 1 GG vereinbar (VGH BW, Beschl. v. 22.11.2004 - 10 S 2182/04, zfs 2005, Heft 3).
Maßgebend ist Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV, die besagt, dass bereits der einmalige Konsum von „harten Drogen" im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt. Ergibt sich der Nachweis harter Drogen, so folgt daraus für den Regelfall unmittelbar die Ungeeignetheit des Konsumenten zum Führen von Kfz. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist gerechtfertigt (§ 46 I FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV).
Der Einholung eines zusätzlichen Gutachtens bedarf es dann nicht mehr. In diesem Fall kommt es weder auf die Frage an, ob regelmäßiger Drogenkonsum stattfindet, noch auf die Frage, ob Drogenabhängigkeit gegeben ist.
Dies betrifft – wie gesagt – den Regelfall. Erkenntnisse oder Umstände, die die Annahme eines Regelfalles entkräften, müssen jedoch vom Fahrerlaubnisinhaber substantiiert dargelegt werden.
Ein Regelfall wird dann nicht mehr anzunehmen sein, wenn der Drogenkonsum zum einen ohne Straßenverkehrsbezug stand und wenn der Vorfall beim Betroffenen insgesamt derart negative Erfahrungen ausgelöst hat, dass er als einmaliges Fehlverhalten angesehen werden kann (OVG Brandenburg zfs 2005, 50). Auch wird es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten, gerade in Fällen, in denen ohne Straßenverkehrsbezug erstmalig und einmalig harte Drogen genommen wurden, ein Abweichen vom Regelfall einzelfallbezogen zu überprüfen .
Eignung und Cannabis
Die Anlage 4 zur FeV Nr. 9.2 unterscheidet zwischen
- regelmäßiger Einnahme von Cannabis (Nr. 9.2.1),bei der weder Eignung noch bedingte Eignung besteht, und
- gelegentlicher Einnahme von Cannabis (Nr. 9.2.2), bei der grundsätzlich Eignung oder bedingte Eignung besteht, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Trennung von Konsum und Fahren (Trennvermögen) und
- kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
- keine Störung der Persönlichkeit,
- kein Kontrollverlust.
Bestehen hinreichend konkrete Verdachtsmomente für das Vorliegen eines der Zusatzelemente i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV (wie z. B. die fehlende Trennung zwischen Fahren und Konsum) und ist das Ausmaß des Cannabiskonsums eines Fahrerlaubnisinhabers, bei dem zumindest eine Einnahme festgestellt worden ist, unklar, so ist die Behörde aufgrund von § 14 I 1 Nr. 2 FeV zur Klärung der Frage, ob ein Fall der gelegentlichen Einnahme i.S.d. § 14 I 4 FeV vorliegt, berechtigt, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen (VGH BW, zfs 2004,43).
Die Frage, ob regelmäßige oder gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt, hat also unterschiedliche rechtliche Konsequenzen: Derjenige, der gelegentlich Cannabis nimmt, ist danach geeignet, wenn er unter dessen Wirkung kein Kfz führt und auch die sonstigen in der Anlage 4 Nr. 9.2.2 zur FeV genannten Gründe nicht vorliegen (VG Oldenburg,Beschl. v. 6.1.2004 - 7 B 5288/03, zfs 2004, 238).
Zum Trennvermögen gehört es dabei auch, dass sich der Betroffene über die Dauer der Beeinträchtigung der Fahreignung nach Cannabiskonsum in Grundsätzen im Klaren ist.
Für eine Trennung des Konsums vom Fahren ist es erforderlich, die Dauer der Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Fahreignung zu kennen (VG Hamburg zfs 2005 Heft 2). Auch wenn nach dem derzeitigem Stand der Forschung im Zusammenhang mit Cannabis Einzelfragen der Fahreignung und ihres Nachweises noch nicht abschließend geklärt sein mögen, muss der Betroffene im Zweifels ein privates Interesse am Fahren eines Kfz hinter dem Allgemeininteresse der Verkehrssicherheit zurückstellen.
Es kann zusammen fassend wie folgt unterschieden werden:
- Einmaliger Konsum führt nicht zu einer fehlenden Fahreignung.
- Gelegentlicher Konsum für sich führt nicht zu einer fehlenden Fahreignung.
- Gelegentlicher Konsum führt zu einer fehlenden Fahreignung, wenn ein Verkehrsbezug vorliegt.
- Gelegentlicher Konsum, bei dem zwar kein Verkehrsbezug, aber ein Zusatzelement nach Anlage 4 Nr. 9.2.2. vorliegt, führt zu einer fehlenden Fahreignung.
- Regelmäßiger Konsum (täglich/ jeden zweiten Tag…) führt immer zu einer fehlenden Fahreignung.
Die vorstehenden Ausführungen sollen Ihnen einen Überblick über die Problemfelder einer MPU bzw. deren Anordnung verschaffen. Wie Sie sehen können, geht es oftmals darum, die Tatsachen, die die Fahrerlaubnisbehörde Ihrer Entscheidung zugrunde legt, in Erfahrung zu bringen, um so die Einordnung Ihres Falles überprüfen zu können. Geht die Fahrerlaubnisbehörde beispielsweise zu Unrecht davon aus, bei Ihnen läge ein Fall des gelegentlichen Cannabiskonsums vor, während es sich tatsächlich um einen einmaligen Fall handelt, kann eine Entziehung der Fahrerlaubnis verhindert werden, wenn die für Sie sprechenden Umstände rechtzeitig vorgetragen werden. Gleiches gilt für die Anordnung einer MPU. Die Frage, ob die Behörde überhaupt berechtigt ist, Ihnen eine solche Untersuchung aufzugeben, lässt sich nur bei genauer Kenntnis der Akte beantworten.
Wir raten Ihnen daher an, sich in Fällen wie diesen durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, der in die behördliche Akte Einsicht nehmen kann, um Sie anschließend ausführlich zu beraten und zu vertreten.
Sollte eine Überprüfung Ihres Falles zu dem Ergebnis führen, dass die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung berechtigt ist, können wir Ihnen kompetente Beratungsstellen benennen, die Ihnen helfen werden sich auf die Untersuchung vorzubereiten.