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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 91/09
BGB §§ 249 Hb, 254 Abs. 2 Dc
Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Bestätigung des Senatsurteils vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09 - LG Halle, AG Halle (Saale)
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 10. März 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. November 2007 geltend, bei dem sein PKW, ein BMW 520i Touring mit Erstzulassung vom 16. April 1999 und einer Laufleistung von 139.442 km, im Heckbereich beschädigt wurde. Betroffen waren der Stoßfänger, die Heckklappe, das Heckabschlussblech, die Seitenwand unten und die Abgasanlage. Die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist unstreitig.
Der Kläger rechnete den Fahrzeugschaden gegenüber der Beklagten fiktiv unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerkstatt in seiner Region mit Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.160,41 € ab. In dem Gutachten ist der Wiederbeschaffungswert mit 7.800 € und der Restwert des Fahrzeuges mit 2.800 € angegeben.
Die Beklagte zahlte an den Kläger vorgerichtlich auf den Fahrzeugschaden 3.404,68 € mit der Begründung, ihm seien gleichwertige, günstigere Reparaturmöglichkeiten ohne weiteres zugänglich. Sie berief sich dabei auf einen ihrem Regulierungsschreiben beiliegenden Prüfbericht, in welchem drei Reparaturwerkstätten mit Anschrift und Telefonnummer unter Benennung der jeweiligen Reparaturkosten angegeben waren und ausgeführt wurde, dass in diesen Reparaturwerkstätten eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Die höchsten Reparaturkosten beliefen sich bei der Firma J. in B. auf insgesamt 3.404,68 € (netto), wobei deren Berechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt wurde. Die drei von der Beklagten im Prüfbericht angeführten Werkstätten sind Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik und zertifizierte Meisterbetriebe für Karosseriebau- und Lackierarbeiten, deren Qualitätsstandard regelmäßig vom TÜV oder von der DEKRA kontrolliert wird. Es werden ausschließlich Original-Ersatzteile verwendet und die Kunden erhalten mindestens drei Jahre Garantie.
Nachdem der Kläger den Differenzbetrag von 755,73 € eingeklagt hat, hat die Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Forderung in Höhe von 217 € anerkannt. Dies beruhte darauf, dass sie nach einem Hinweis des Amtsgerichts von der Firma J. einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zugrunde legte, so dass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 € ergaben. Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die (zugelassene) Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Firma J. entstanden wären. Zwar könne nach dem sog. Porsche-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGHZ 155, 1) der Geschädigte seiner Schadensabrechnung grundsätzlich die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten zugrunde legen, er müsse sich jedoch auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des Klägers hätte eine Reparatur in der Firma J. in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbetriebe verwiesen, sondern ihm drei Reparaturbetriebe genannt, welche die Arbeiten am Fahrzeug ohne Qualitätseinbuße durchführen könnten. Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeige, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt halte, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufgezeigte Reparaturmöglichkeit zugrunde zu legen, sei diese andere Reparaturmöglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend sei zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielten bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs mit hoher Laufleistung nur noch eine untergeordnete Rolle.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Das Berufungsurteil steht im Einklang mit dem Senatsurteil BGHZ 155, 1 ff. (sog. Porsche-Urteil) und dem - nach dem Berufungsurteil ergangenen - Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - VersR 2010, 225 (sog. VW-Urteil, vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).
Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 376; vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82 - VersR 1985, 283, 284 f. und vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 - VersR 2005, 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 1, 3). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.
Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit bei der Firma J. um eine im Vergleich zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit. Die Unfallschäden am Fahrzeug des Klägers würden unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb für Lackier- und Karosseriearbeiten, der Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik ist, instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard regelmäßig von unabhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird. Den Kunden dieser Fachbetriebe werden drei Jahre Garantie gewährt.
Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die es dem Kläger unzumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen.
Soweit die Revision wegen der Entfernung der Firma J. vom Wohnort des Klägers (21 km) Zweifel daran äußert, dass diese Fachwerkstatt dem Kläger ohne weiteres zugänglich sei, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Instanzen nicht aufgezeigt hat, dass sich eine markengebundene Fachwerkstatt in einer deutlich geringeren Entfernung zu seinem Wohnort befindet.
Weiterhin zeigt die Revision keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass es sich bei den Preisen der Firma J. nicht um deren (markt-)übliche Preise (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO), sondern um Sonderkonditionen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der Beklagten handeln könnte. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien. Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetragen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären.
Soweit die Revision schließlich meint, die Gleichwertigkeit der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit fehle schon deshalb, weil dem Kläger nur von seiner Markenwerkstatt drei Jahre Garantie gewährt würden, auf die er einen Käufer hätte verweisen können, wird übersehen, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Kläger auch bei einer Reparatur durch die Firma J. auf deren Arbeiten eine Garantie von drei Jahren gewährt würde.
Weitere Umstände, die es dem Kläger gleichwohl unzumutbar machen könnten, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO), zeigt die Revision nicht auf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 8 ½ Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 139.442 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr. Zwar kann auch bei älteren Fahrzeugen die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, "scheckheftgepflegt" oder gegebenenfalls nach einem Unfall repariert worden ist. In diesem Zusammenhang kann es dem Kläger unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder - im Fall der konkreten Schadensberechnung - sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch die Reparaturrechnung belegt (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht vor. Soweit die Revision nunmehr die Gleichwertigkeit der Reparatur bei der Firma J. mit der Begründung in Abrede stellen will, dass es sich nicht um die markengebundene Vertragswerkstatt handele, bei der der Kläger sein Auto gekauft habe und auch habe warten und bei erforderlichen Reparaturen instand setzen lassen, zeigt sie nicht auf, wo der Kläger in den Instanzen entsprechenden - vom Berufungsge-richt übergangenen - konkreten Sachvortrag gehalten hat. In der Revisionsinstanz ist neuer Sachvortrag grundsätzlich rechtlich unbeachtlich (vgl. § 559 ZPO).
Nach alledem erweist sich die Revision als unbegründet und ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 15.10.2008 - 97 C 707/08 -
LG Halle, Entscheidung vom 10.03.2009 - 2 S 277/08 -
VW Skandal
VW Skandal
Auf Grund der immer wieder gleich lautenden Anfragen zum Thema hier eine kurze rechtliche Erläuterung und Handlungsempfehlung:
Möchte man Ansprüche wegen des Kaufs eines VW-Modells mit Manipulationssoftware geltend machen, kommen zunächst so genannte Sachmängelrechte in Betracht. Beim Kauf eines Fahrzeugs ist zu unterscheiden zwischen dem Kauf eines Gebrauchtwagens oder eines Neuwagens.
Daneben kommen Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen den Hersteller in Betracht.
Sachmangel - ja oder nein?
Für beide Fälle muss zunächst geklärt werden, ob die Software im Fahrzeug verbaut wurde und ob sie auch tatsächlich ihren Dienst getan hat. Steht dies fest, kommt ein Anspruch auf Nacherfüllung, Minderung oder gar Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht. Hat man als Privatperson ein Fahrzeug vom Händler mit einem solchen Sachmangel erworben, gilt eine zweijährige Sachmängelhaftungsfrist für Neufahrzeuge und eine einjährige Sachmängelhaftungsfrist für Gebrauchtfahrzeuge. Die Frist beginnt ab Übergabe des Fahrzeugs zu laufen.
arglistige Täuschung / Betrug
Ansprüche gegen den Händler
Neben den so genannten Sachmängelrecht kommt prinzipiell ein Anspruch wegen arglistiger Täuschung oder Betrugs in Betracht. Dann muss aber der Nachweis geführt werden, dass der Händler, bei dem gekauft wurde, von der Manipulation Kenntnis hatte. Dies wird in der Regel nicht gelingen.
Ansprüche gegen den Hertseller (VW)
Es stehen jedoch Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller im Raum. Diese sind insbesondere für Besitzer älterer Fahrzeuge interessant, da hier regelmäßig die oben genannte Frist (1 Jahr oder 2 Jahre) abgelaufen sein dürfte. Dann können Schadenspositionen wie z.B. die Kosten der Fehlerbeseitigung oder nachgewiesene Mehrkosten durch einen Kraftstoffmehrverbrauch gegen den Hersteller geltend gemacht werden.
Rücktritt vom Kaufvertrag?
Zunächst ist als Käufer innerhalb der oben genannten Frist die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung zu verlangen. Prinzipiell denkbar ist auch die Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung. Diese dürfte aber wegen der so genannten Unverhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommen, so dass der Verkäufer zunächst aufzufordern wäre, den Mangel zu beseitigen. Die Mangelbeseitigung wird voraussichtlich zeitnah, spätestens ab Januar 2016 erfolgen. Gelingt die Mangelbeseitigung einwandfrei und hinterlässt diese keinen rechtlichen Schaden, ist die Angelegenheit erledigt.
Gelingt die Nachbesserung durch VW nicht, kommt prinzipiell eine Kaufpreisminderung oder sogar der Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht. Für einen Rücktritt vom Kaufvertrag bedarf es allerdings eines "erheblichen" Mangels. Ob die hier im Raum stehende Beeinträchtigung tatsächlich im rechtlichen Sinne "erheblich" ist, ist eher fraglich. Wir gehen zurzeit davon aus, dass ein Rücktritt vom Kaufvertrag bei den allermeisten Fahrzeugen keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Seriös kann man dies aber zurzeit nach unserer Auffassung nicht beantworten.
Frist abgelaufen - was jetzt?
Ist die Frist zur Geltendmachung der Sachmängelgewährleistungsansprüche bereits abgelaufen (Neuwagen = zwei Jahre, Gebrauchtwagen = ein Jahr) können nur noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu dem Punkt „Ansprüche gegen den Hersteller " werden. Weitere rechtliche Möglichkeiten bestehen dann nicht mehr.
Fristablauf droht
In dem Falle, in dem der Fristablauf bei Ihnen droht, sollten Sie mit dem Händler eine Vereinbarung dahin gehend treffen, dass dieser sich bereit erklärt, auf die Einrede der Verjährung bezüglich des aus der Manipulation resultierenden Mangels zu verzichten und der Verbraucher im Gegenzug keine weiteren rechtlichen Schritte unternimmt, bis die vom Hersteller angekündigten Maßnahmen vorgenommen
wurden. Der ADAC hat hierzu ein Musterschreiben entworfen welche Sie dort abrufen und dem Händler zur Unterzeichnung vorlegen können.
Droht kein Fristablauf, braucht zunächst nichts unternommen werden!
Minderung
Kommt ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht in Betracht und möchte man eine Minderung geltend machen, müssten die Kosten der Fehlerbeseitigung und ein eventueller Wertverlust des Fahrzeugs berechnet werden. In welcher Höhe eine Minderung angemessen sein dürfte, kann noch nicht abgeschätzt werden. Denknotwendigerweise fällt die Minderung umso geringer aus, desto mehr Fahrzeuge betroffen sind.
Abnahme eines bestellten Neufahrzeugs
Ein bestelltes Neufahrzeug sollten Sie unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Sachmängelrecht bzw. erhöhter Abgas-oder Verbrauchswerte abnehmen. Eine entsprechende Formular hierfür stellt auch der ADAC zur Verfügung.
Leasing
Zur Kündigung des Leasingvertrages reicht der Umstand der verbauten Manipulationssoftware nicht. Auch die Minderung der Leasingrate ist auf Grund der rechtlichen Konstellation im Leasingvertrag nicht möglich. Auch der Leasingnehmer muss zunächst seine Sachmängelansprüche geltend machen und kann dann, wenn die Nacherfüllung scheitern sollte, weitere Rechte geltend machen. Verbleibt ein erheblicher Mangel, kommt ein Rücktritt in Betracht (eher fraglich). Daneben bestehen auch beim Leasingnehmer die oben erwähnten Ansprüche gegen den Hertseller.
Weitere Punkte:
Auswirkungen auf die Kfz-Steuer oder die Betriebserlaubnis sind nicht zu erwarten. Auf Grund der Gesetzeslage ist auch nicht zu erwarten, dass eine bereits zugeteilte Plakette für Umweltzonen ihre Gültigleit verliert.
VW Skandal II - Update vom 05. November 2015
Aufgrund der neuen Ereignisse die der Tagespresse in den letzten Tagen zu entnehmen waren, kommt hier ein Update zu den immer wiederkehrenden Rechtsfragen im Hinblick auf die jetzt bekannt gewordenen Fälle. Auch gibt es weitere Neuerungen zu den mittels Software manipulierten Fahrzeuge.
Zunächst zu der bisherigen rechtlichen Einschätzung:
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat zur Rechtslage ein Gutachten veröffentlicht. Das Gutachten bestätigt die im Vorfeld hier mitgeteilte Rechtspositionen vollumfänglich.
Die VW AG hat ferner erklärt, einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis Ende 2016 auf Wunsch abzugeben.
Neu ist nun, dass bei ca. 800.000 Fahrzeugen im Rahmen der so genannten Typengenehmigung fehlerhafte Angaben zu Schadstoff- und Verbrauchswerten gemacht worden sein sollen.
Erstmals sollen auch benzinbetriebene Fahrzeuge betroffen sein.
In den neuen Fällen handelt es sich um falsche CO2-Werte. Hier wurde nicht durch eine Software ein Ergebnis verfälscht, sondern es wurden falsche Verbrauchs- und Schadstoffwerte angegeben. Bisher nicht geklärt ist, wie es passieren konnte, dass falsche Werte an das Kraftfahrtbundesamt übermittelt worden. Im Rahmen des Typengenehmigungsverfahrens werden die Herstellerangaben von den zuständigen technischen Diensten überprüft, ermittelt und dann das Bundesamt weitergegeben.
Ist hiervon ein Fahrzeug betroffen, ist eine Nachbesserung durch den Hersteller oder den Verkäufer nach bisherigen Kenntnisstand nicht möglich. Es stellt sich mithin die Frage nach Schadensersatzansprüchen, Kaufpreisminderung oder sogar einem Rücktritt.
Die Verbrauchsangaben eines Kraftfahrzeugs stellen eine so genannte Beschaffenheitsvereinbarung dar. Abweichungen hiervon stellen einen Mangel dar. Aus erhöhten CO2-Angaben kann direkt ein Mehrverbrauch eines Kraftfahrzeugs ermittelt werden. Ist die Höhe der Abweichung bekannt stellt sich die Frage, ob es sich um einen so genannten "erheblichen Mangel" handelt, der dann zum Rücktritt berechtigt. Gesichert ist in der Rechtsprechung, dass ein Kraftstoffmehrverbrauch und mehr als 10 % einen "erheblichen Mangel" darstellt. Möglich ist auch, dass Gerichte allein wegen des Unrechtsgehalts des Manipulationstatbestandes oder den fehlerhaften Angaben zu Schadstoff- und Verbrauchswerten per se einen "erheblichen Mangel" annehmen.
Sollte sich bestätigen, dass der Hersteller falsche Immissionsangaben gemacht hat, kommen Schadensersatzansprüche gegen diesen in Betracht. Sollte der Verstoß auch zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile begangen oder zur Schädigung einer Vielzahl von Verbrauchern zumindest billigend in Kauf genommen worden sein, käme hier § 826 BGB in Betracht.
Steuernachzahlungen stehen bei erhöhten CO2-Werten als Schadensersatzposition auch rückwirkend im Raum. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO gilt hier eine Verjährung von vier Jahren. Zuvor dürfte aber eine Änderung des Punktes V.7 der Zulassungsbescheinigung Teil I wegen §§ 2, 9 KraftStG erforderlich sein, bevor eine Nachzahlung verlangt werden kann.
Zurzeit wird wohl an einer Gesetzgebung gearbeitet, die diese Steuernachzahlungspflicht auf den Hersteller verlagert, so dass der Verbraucher nicht belastet werden würde.
Zurück zu den der softwaremanipulierten Kraftfahrzeugen. Der Hersteller arbeitet zurzeit an einer Lösung die dafür Sorge tragen soll, dass nach durchgeführter Nachbesserung das Fahrzeug den technischen Vorgaben entsprechend arbeitet, keinen Leistungsverlust und auch keinen Mehrverbrauch aufweist. Viele Fälle könnten sich dann durch die Nachbesserung erledigen.
BGH VI ZR 318/08 Urteil vom 13.10.2009 (Download als PDF)
Nach einer neuen und bisher nicht veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH VI ZR 318/08, Urteil vom 13.10.2009) soll der Sachverständige, der den auf dem regionalen Markt maßgeblichen Restwert ermittelt, in seinem Gutachten diesen Restwert mit drei konkreten Angeboten nachweisen.
Im entschiedenen Fall handelte es sich um einen "wirtschaftlichen Totalschaden", die Reparatur des Fahrzeuges hätte also den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30% überstiegen (Beispiel: Wiederbeschaffungswert = 5.000 EUR, Reparaturkosten = 8.000 EUR, Restwert = 500 EUR). Der Geschädigte führte mit einfachen Mitteln eine Teilreparatur seines Fahrzeuges durch.
Der Geschädigte begehrte den Wiederbeschaffungsaufwand, also die Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert (im Beispielsfall also 4.500 EUR). Die beklagte Versicherung hatte einen eigenen Restwert ermittelt und wollte diesen (höheren) Restwert in Abzug bringen. Der BGH erteilte dem eine Absage, da es dabei zu verbleiben habe, dass der Geschädigte, der das total beschädigte Auto teilrepariert weiternutzt, den Restwert aus dem Gutachten ansetzen darf. Überangebote der Versicherung sind nicht relevant.
Weiter wies der BGH in der Entscheidung (BGH VI ZR 318/08, Urteil vom 13.10.2009) darauf hin, dass dies aber nur dann gelte, wenn der Sachverständige den von ihm ermittelten Restwert plausibel darlegt, da dieser ermittelte Restwert später auch für das Gericht überprüfbar sein muss. Der Sachverständige muss mithin zumindest den ermittelten Restwert in seinem Gutachten konkret benennen, vorsorglich sollten die eingeholten Angebote direkt dem Gutachten beigefügt werden. Der BGH setzte damit in seiner Entscheidung eine Empfehlung des Verkehrsgerichtstages um. Es soll damit wohl verhindert werden, dass der Sachverständige den Restwert unter Zur-Hilfe-Nahme nicht örtlicher Angebote erstellt.
Im Fall BGH VI ZR 318/08, Urteil vom 13.10.2009 hielt das Gericht der Vorinstanz den ermittelten Restwert für nicht plausibel. Dies wurde durch den BGH akzeptiert.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 318/08
Verkündet am: 13. Oktober 2009
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb, Hb; ZPO § 287
a) Im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens kann der Geschädigte, der ein Sachverständigengutachten einholt, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, und im Vertrauen auf den darin genannten Restwert und die sich daraus ergebende Schadensersatzleistung des Unfallgegners sein Fahrzeug reparieren lässt und weiternutzt, seiner Schadensabrechnung grundsätzlich diesen Restwertbetrag zugrunde legen.
b) Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung beauftragte Sachverständige hat als geeignete Schätzgrundlage für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese in seinem Gutachten konkret zu benennen.
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08 - LG Saarbrücken
AG Saarlouis
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatzfrist bis 15. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 17. November 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 11. Juli 2007 geltend, für dessen Folgen die Beklagte als Haftpflichtversicherer dem Grunde nach unstreitig in vollem Umfang einzustehen hat. Der vom Kläger mit der Begutachtung des Schadens beauftragte Sachverständige ermittelte für dessen Fahrzeug, einen Mercedes Benz A 170, einen Brutto-Wiederbeschaffungswert von 5.000 €, Brutto-Reparaturkosten in Höhe von 7.912,87 € sowie einen Restwert von 1.000 €, zu dem es im Gutachten vom 17. Juli 2007 heißt: "Restwert: Angebot liegt vor Euro 1.000,00" und "Der ausgewiesene Restwert basiert auf Angeboten von Interessenten". Der Kläger hat sein Fahrzeug reparieren lassen und nutzt es weiter. Die Beklagte verwies den Kläger mit Schreiben vom 2. August 2007 auf ein Restwertangebot eines spezialisierten Restwertaufkäufers in Frankfurt in Höhe von 4.210 € und zahlte dem Kläger lediglich einen Betrag von insgesamt 790 €.
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2
Der Kläger hat einen Schaden in Höhe von 4.026 € (5.000 € Wiederbeschaffungswert abzüglich 1.000 € Restwert zuzüglich 26 € Auslagenpauschale) abzüglich gezahlter 790 € eingeklagt sowie Nutzungsausfall in Höhe von 686 € (14 Tage á 49 €) und vorprozessuale Anwaltskosten auf der Basis einer 1,8 Gebühr in Höhe von 747,80 €.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagte - unter Klageabweisung im Übrigen - zur Zahlung von (4.026 € abzüglich 790 € =) 3.236 € als Schadensersatz wegen des Fahrzeugschadens (einschließlich Auslagenpauschale) sowie von 546,68 € vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Gegen das erstinstanzliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, und zwar die Beklagte, soweit sie zur Zahlung eines über 1.736 € Schadensersatz (unter Zugrundelegung eines Restwerts von 2.500 €) und 116,18 € vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hinausgehenden Betrages verurteilt worden ist und der Kläger, soweit das Amtsgericht seine Klage auf Nutzungsausfall in Höhe von 686 € nebst Zinsen abgewiesen hat.
4
Das Landgericht hat den Restwert auf 2.000 € geschätzt und das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt wird, an den Kläger 2.757 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 116,18 € zu zahlen. Es hat die Revision zugelassen, da höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, ob sich der Restwert im Totalschadensfall bei einer Weiternutzung des Fahrzeuges ausnahmslos auf der Grundlage eines vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens bestimme, oder ob er jedenfalls dann, wenn seine Höhe vom Schädiger angezweifelt und nachvollziehbar dargelegt werde, im Wege richterlicher Schätzung, ggf. nach sachverständiger Beratung bestimmt werden könne. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsge-
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richt hinsichtlich des Restwerts das erstinstanzliche Urteil zu seinem Nachteil abgeändert hat.
Entscheidungsgründe:
I.
5
Das Berufungsgericht meint, jedenfalls dann, wenn von Seiten des Gerichts nicht beurteilt werden könne, auf welcher Grundlage der vom Kläger beauftragte Sachverständige den Restwert bestimmt habe, könne dieser nicht allein maßgeblich für die Schadensberechnung sein. In diesem Fall könne und müsse das Gericht ggf. unter sachverständiger Beratung nach § 287 ZPO die Höhe des Restwertes schätzen. Bei der Bestimmung des Restwertes müsse sich der Kläger zwar nicht auf das Angebot des in Frankfurt ansässigen spezialisierten Restwertaufkäufers in Höhe von 4.210 € verweisen lassen, weil dieses außerhalb des dem Kläger zugänglichen allgemeinen regionalen Marktes abgegeben worden sei und die Beklagte den Kläger, der Herr des Restitutionsverfahrens sei, durch die Unterbreitung eines solchen Angebotes nicht zum Verkauf des Fahrzeugs zwingen könne. Die Beklagte habe jedoch den Nachweis erbracht, dass auf dem relevanten regionalen Markt ein höherer Restwert als der vom Kläger veranschlagte Betrag von 1.000 € zu realisieren gewesen sei. Der vom Amtsgericht beauftragte gerichtliche Sachverständige habe Angebote von Autohäusern im regionalen Bereich eingeholt, die sich im Bereich zwischen 1.000 €, 2.500 € und 2.560 € bewegt hätten. Dabei sei dem Kläger jedenfalls eine nahe liegende telefonische Anfrage bei der Mercedes-Benz Niederlassung in der Stadt S. zumutbar gewesen, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu einem Angebot von 2.500 € geführt hätte. Mit Blick auf die deutlichen
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Preisunterschiede bei örtlichen Markenfachhändlern sei der Restwert deshalb auf 2.000 € zu schätzen.
II.
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Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 171, 287, 290 f. und Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 217/06 - VersR 2007, 1243, 1244) ausgegangen, wonach sich der Geschädigte, der im Totalschadensfall sein unfallbeschädigtes Fahrzeug - ggf. nach einer (Teil-)Reparatur - weiter nutzt, bei der Abrechnung nach den fiktiven Wiederbeschaffungskosten in der Regel den in einem Sachverständigengutachten für den regionalen Markt ermittelten Restwert in Abzug bringen lassen muss. Diesen Wert hat es im Rahmen der vom Gerichtssachverständigen ermittelten drei Angebote auf einen Zwischenwert von 2.000 € geschätzt.
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2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 92, 84, 86 f.; 102, 322, 330; 161, 151, 154; Urteil vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07 - VersR 2009, 408, 409 und vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08 - VersR 2009, 1092, 1093). Dies ist hier - entgegen der Auffassung der Revision - nicht der Fall.
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a) Im Veräußerungsfall genügt der Geschädigte im Allgemeinen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und seiner Darlegungs- und Beweislast und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f.; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - VersR 2005, 1448 und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 217/06 - aaO). Dem Geschädigten verbleibt im Rahmen der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB regelmäßig nur dann ein Risiko, wenn er den Restwert ohne hinreichende Absicherung durch ein eigenes Gutachten realisiert und der Erlös sich später im Prozess als zu niedrig erweist. Will er dieses Risiko vermeiden, muss er sich vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs mit dem Haftpflichtversicherer abstimmen oder aber ein eigenes Gutachten mit einer korrekten Wertermittlung einholen, auf dessen Grundlage er die Schadensberechnung vornehmen kann (vgl. Senatsurteile vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO und vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - aaO).
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b) Entsprechendes hat zwar zu gelten, wenn der Geschädigte nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, im Vertrauen auf den darin genannten Restwert und die sich daraus ergebende Schadensersatzleistung des Unfallgegners sein unfallbeschädigtes Fahrzeug repariert hat und weiternutzt. Im Streitfall hat das Berufungsgericht jedoch ohne Rechtsfehler das vom Kläger vorgelegte Sachver-
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ständigengutachten nicht als geeignete Schätzungsgrundlage angesehen, weil eine korrekte Wertermittlung darin nicht hinreichend zum Ausdruck kommt.
11
Beauftragt der Geschädigte - wie im Streitfall - einen Gutachter mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung, hat der Sachverständige das Gutachten unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz bei Kfz-Unfällen zu erstellen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08 - VersR 2009, 413, 414). Die Bemerkungen "Restwert: Angebot liegt vor Euro 1.000,00" und "Der ausgewiesene Restwert basiert auf Angeboten von Interessenten" lassen weder erkennen, wie viele Angebote der Sachverständige eingeholt hat, noch von wem diese stammen. Letzteres ist auch für den Geschädigten von Bedeutung, weil nur dann ersichtlich ist, ob der Sachverständige die Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt ermittelt hat. Dabei hat der Sachverständige als ausreichende Schätzgrundlage entsprechend der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstags im Regelfall drei Angebote einzuholen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08 - VersR 2009, 413, 415).
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3. Da das vom Kläger eingeholte Sachverständigengutachten diesen Anforderungen nicht genügt, war das Berufungsgericht von Rechts wegen nicht gehindert, auf der Grundlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens,
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den auf dem regionalen Markt erzielbaren Restwert nach § 287 ZPO auf 2.000 € zu schätzen.
Galke Zoll Wellner
Richter am Bundesgerichtshof Pauge ist urlaubsbedingt gehindert, seine Unterschrift beizufügen.
Diederichsen Galke
Vorinstanzen:
AG Saarlouis, Entscheidung vom 19.06.2008 - 28 C 1689/07 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.11.2008 - 13 S 124/08 -
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Grundregeln - § 1 StVO
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TBNR
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Tatbestandstext
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FaP-Pkt
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Euro
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101000
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Sie kamen von der Fahrbahn ab und verursachten Sachschaden.
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(B-1)
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35,00
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101006
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Sie gerieten ins Schleudern und verursachten Sachschaden.
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(B-1)
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35,00
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101012
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Sie streiften beim Vorbeifahren ein Fahrzeug und verursachten Sach-
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(B-1)
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35,00
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schaden.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101018
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Sie ließen beim Befahren der Straße die im Verkehr erforderliche Rück-
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(B-1)
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10,00
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sicht außer Acht und beschmutzten dabei Andere.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101024
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Sie stellten das Fahrzeug so ab, dass ein anderes Fahrzeug nicht weg-
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(B-1)
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20,00
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fahren konnte.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101030
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Sie ließen an einer Fahrbahnverengung die im Verkehr erforderliche
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(B-1)
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35,00
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Sorgfalt außer Acht, so dass es zum Unfall kam.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101036
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Sie behinderten Andere, indem Sie ihnen das Einordnen im
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(B-1)
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20,00
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sogenannten Reißverschlussverfahren nicht ermöglichten.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101042
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Sie fuhren in den Kreuzungsbereich/Einmündungsbereich *) ein, ohne dem
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(B-1)
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30,00
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dort verkehrsbedingt wartenden Fahrzeug die Möglichkeit zu geben,
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diesen zu verlassen.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101043
|
Sie fuhren in den Kreuzungsbereich/Einmündungsbereich *) ein, ohne dem
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(B-1)
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35,00
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|
dort verkehrsbedingt wartenden Fahrzeug die Möglichkeit zu geben,
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|
diesen zu verlassen. Es kam zum Unfall.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101048
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Sie behinderten +) durch das Parken auf einer Fußgängerfurt der
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(B-1)
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20,00
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Lichtzeichenanlage Andere.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101060
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Sie behinderten +) durch das Parken Andere.
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(B-1)
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20,00
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; -- BKat
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101100
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Sie belästigten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr
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(B-1)
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10,00
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erforderlichen Sorgfalt +) Andere mehr als nach den Umständen
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|
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unvermeidbar.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.1 BKat
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101106
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Sie behinderten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr
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(B-1)
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20,00
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erforderlichen Sorgfalt +) Andere mehr als nach den Umständen
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|
|
|
unvermeidbar.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.2 BKat
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101112
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Sie gefährdeten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr
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(B-1)
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30,00
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erforderlichen Sorgfalt +) Andere.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.3 BKat
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101118
|
Sie schädigten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr
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(B-1)
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35,00
|
|
erforderlichen Sorgfalt Andere.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.4 BKat
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101124
|
Sie schädigten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr erforder-
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(B-1)
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35,00
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|
lichen Sorgfalt andere Verkehrsteilnehmer durch Auffahren auf ein
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vorausfahrendes Fahrzeug.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.4 BKat
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101130
|
Sie schädigten durch Außer-Acht-Lassen der im Straßenverkehr erforder-
|
(B-1)
|
35,00
|
|
lichen Sorgfalt andere Verkehrsteilnehmer durch Auffahren auf ein
|
|
|
|
stehendes Fahrzeug.
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|
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.4 BKat
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101136
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Sie beschädigten beim Fahren in eine/aus einer Parklücke ein stehendes
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(B-1)
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30,00
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|
Fahrzeug.
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§ 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 1.5 BKat
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Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, Bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten - Stand: 01.09.2009 - 8. Auflage